Der EMT-Kompetenzrahmen und seine methodischen Anwendungsmöglichkeiten in der Übersetzerausbildung

Soňa Hodáková
Lehrstuhl für Translationswissenschaft, Philosoph Konstantin-Universität in Nitra, Slowakei
shodakova@ukf.sk

Abstract

The EMT Competence Framework can be seen as an appropriate methodical instrument for the teacher helping him/her to explain the relevance of particular competencies and skills in translation and suporting evaluation/selfevaluation in the translation process. The paper shows examples of practical use of the EMT Competence Framework from 2017 in university translation seminars. The author focuses on supporting the personal, interpersonal and technology competence, organisation skills and creative potential in translation seminars and offers possible didactic applications of the model using team work and students` translation team projects – students` magazines as a result of training of particular competences, e.g. information mining, organisation, management, coordination activities of the students of Department of Translation Studies, Faculty of Arts, Constantine the Philosopher University in Nitra, Slovakia. The aim of the paper is to show the benefits of utilisation of the EMT Competence Framework in the training, not only for the students, but also for the teacher.

European Masters in Translation
Europäische Kommission definiert das EMT-Label als ein Gütezeichen für Masterstudiengänge im Bereich Übersetzen, das von der GD Übersetzung der Europäischen Kommission Hochschulprogrammen verliehen wird, die gemeinsam vereinbarten beruflichen Standards und Markterfordernissen genügen (EMT, 2017).
Das Hauptziel von EMT ist die Verbesserung der Qualität der Übersetzerausbildung zur Erleichterung des Berufseinstiegs für Absolventinnen/Absolventen.
Ein langfristiges Ziel ist es dabei, durch die Ausbildung hoch qualifizierter Übersetzer/innen in enger Zusammenarbeit mit der Sprachindustrie im Rahmen des EMT den Status des Übersetzerberufs in der EU aufzuwerten.
Das EMT-Netz setzt sich u.a. für folgende Ziele ein:
• Förderung eines Gütesiegels für die Abschlüsse der Masterstudiengänge
• größerer Bekanntheitsgrad des Studiengangs
• Aufbau von Kooperationsbeziehungen
• Kompetenz- und Ressourcenteilung zur Schärfung des Profils der EMT-Mitglieder
• Beteiligung am EMT-Forum über Kompetenzen, Kriterien, Ressourcen, Verfahren und Anforderungen (ebd.)
Als einzige slowakische Einrichtung erlangte der Lehrstuhl für Translationswissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Philosoph Konstantin-Universität in Nitra im Jahr 2011 die Mitgliedschaft in dem EMT-Netz. Seit 2019 hat der Lehrstuhl sogar seine Vertretung im EMT-Rat.

EMT-Kompetenzrahmen
Franz Weinert hat 1999 bezüglich des Termins Kompetenz folgende Begriffsvarianten unterschieden:
1. Kompetenzen als allgemeine intellektuelle Fähigkeiten im Sinne von Dispositionen, die eine Person befähigen, in sehr unterschiedlichen Situationen anspruchsvolle Aufgaben zu meistern
2. Kompetenzen als funktional bestimmte, auf bestimmte Klassen von Situationen und Anforderungen bezogene kognitive Leistungsdispositionen, die sich psychologisch als Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Routinen oder auch bereichsspezifische Fähigkeiten beschreiben lassen
3. Kompetenz im Sinne motivationaler Orientierungen, die Voraussetzungen sind für die Bewältigung anspruchsvoller Aufgaben
4. Handlungskompetenz als Begriff, der die ersten drei genannten Kompetenzkonzepte umschließt und jeweils auf die Anforderungen und Aufgaben eines bestimmten Handlungsfeldes, zum Beispiel eines Berufes, bezieht
5. Metakompetenzen als Wissen, Strategien oder auch Motivationen, die Erwerb und Anwendung von Kompetenzen in verschiedenen Inhaltsbereichen erleichtern
6. Schlüsselkompetenzen, d. h. Kompetenzen im oben unter Punkt 2 definierten funktionalen Sinne, die über eine vergleichsweise breite Spanne von Situationen und Aufgabenstellungen hinweg einsetzbar sind. Weinert zählt hierzu unter anderem muttersprachliche und mathematische Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Inhalte einer basalen Allgemeinbildung (In: Klieme, 2004, S. 10)
Eine Kompetenz ist auch laut OECD mehrschichtiger als nur Wissen und kognitive Fähigkeiten. Es geht um die Fähigkeit der Bewältigung komplexer Anforderungen, indem in einem bestimmten Kontext psychosoziale Ressourcen (einschließlich kognitive Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen) herangezogen und eingesetzt werden (OECD, 2005).
Im Mittelpunkt des EMT-Projekts steht der von europäischen Sachverständigen erstellte EMT-Kompetenzrahmen, der die grundlegenden Kompetenzen definiert, die Übersetzer/innen benötigen, um auf dem heutigen Markt bestehen zu können. Immer mehr Hochschulen – auch außerhalb der EU – orientieren sich bei der Gestaltung ihrer Lehrprogramme am EMT-Modell (EMT, 2017).
Mit dem aktuellen EMT-Kompetenzrahmen soll die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen von Masterstudiengängen im Fach Übersetzen europaweit gefestigt und verbessert werden.

Abb. 1 European Master’s in Translation – Kompetenzrahmen

Das EMT-Netzwerk hat seinen Referenzrahmen für Übersetzer- undÜbersetzungskompetenzen mit dem EMT-Kompetenzrad erstmals 2009 veröffentlicht. Mittlerweile ist der Rahmen in der gesamten Europäischen Union und darüber hinaus zu einem der wichtigsten Maßstäbe für Übersetzerausbildung und Übersetzungskompetenzen geworden, und das sowohl in akademischen Kreisen als auch in der Sprachindustrie (EMT-Kompetenzrahmen, 2017).
Angesichts der Veränderungen, sowohl in der Sprachindustrie als auch an den europäischen Universitäten, spürte man den Bedarf, den Kompetenzrahmen zu überdenken.
So wie in vielen Bereichen des beruflichen Lebens, wird auch in der Übersetzungsbranche die Art und Weise, wie Leistungen erbracht werden, zunehmend durch den technologischen Wandel beeinflusst. Allerdings sind nach wie vor kognitive Leistungen des Menschen, seine Intelligenz, Kenntnisse und Fertigkeiten die ausschlaggebenden Faktoren für Qualitätsübersetzungen und für die wachsende Palette an Sprachdienstleistungen, die Übersetzer und Übersetzungsunternehmen anbieten. Die Anforderungen des Marktes haben sich ebenfalls weiterentwickelt. Englisch als Lingua franca hat eine zunehmende Verbreitung erfahren und somit eine neue Nachfrage geschaffen, die in einigen Umfeldern und Regionen nur durch die Umkehrung des traditionellen „Muttersprache“-Prinzips befriedigt werden kann (ebd.).
Gleichzeitig haben künstliche Intelligenz und soziale Medien das Verhältnis der Menschen zur Kommunikation allgemein und natürlich auch zur Übersetzung erheblich verändert: Maschinelle Übersetzung und andere Sprachtechnologien sind heute weitverbreitet. Das schlägt sich sukzessive im Übersetzungsprozess und auf vielen Übersetzungsmärkten nieder und hat die Wahrnehmung der Übersetzung sowohl durch Studierende und Absolventen von Übersetzungsstudiengängen als auch in der breiten Öffentlichkeit verändert. Solche technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen müssen in der akademischen Übersetzerausbildung berücksichtigt und wiederspiegelt werden, damit zukünftige Absolventen sich der damit verbundenen Herausforderungen und Chancen bewusst werden und ihre Fertigkeiten und Vorgehensweisen entsprechend ausrichten und anpassen können (ebd.).
2016 wurde daher der EMT-Rat beauftragt, einen neuen EMT-Kompetenzrahmen zu erarbeiten und dabei vor allem die Beschäftigungsfähigkeit künftiger Absolventen im Fokus zu behalten. Der neue Referenzrahmen sollte zum einen den Gründungsprinzipien des EMT-Netzwerkes folgen und zum anderen die Kernkompetenzen und Fertigkeiten umfassen, über die künftige Absolventen von Übersetzungsstudiengängen verfügen sollen.
In dem EMT-Kompetenzrahmen werden fünf Hauptkompetenzbereiche definiert:
• SPRACHE UND KULTUR (TRANSKULTURELLES UND SOZIOLINGUISTISCHES BEWUSSTSEIN UND KOMMUNIKATIVE FÄHIGKEITEN) – Diese Kompetenz umfasst alle allgemeinen oder sprachbezogenen linguistischen, soziolinguistischen, kulturellen und transkulturellen Kenntnisse und Fertigkeiten, welche die Grundlage für eine hohe Übersetzungskompetenz bilden. Sie ist die Triebkraft hinter allen anderen hier beschriebenen Kompetenzen.
• ÜBERSETZEN (STRATEGISCHE, METHODISCHE UND THEMATISCHE KOMPETENZ) – Sie ist im weitesten Sinne zu verstehen und bezieht sich nicht nur auf den Bedeutungstransfer zwischen zwei Sprachen (auch über Relaissprachen), sondern umfasst darüber hinaus alle strategischen, methodischen und thematischen Kompetenzen, die vor, während und nach der eigentlichen Transferphase ins Spiel kommen – von der Textanalyse bis zur abschließenden Qualitätskontrolle.
• TECHNOLOGIE (WERKZEUGE UND ANWENDUNGEN) – Diese Kompetenz umfasst alle Kenntnisse und Fertigkeiten, die bei der Anwendung gegenwärtiger und künftiger Übersetzungstechnologien im Übersetzungsprozess zum Einsatz kommen. Dazu gehören auch Grundkenntnisse der MÜ-Technologien und die Fähigkeit, die maschinelle Übersetzung bedarfsorientiert einzusetzen.
• PERSÖNLICHE UND INTERPERSONELLE KOMPETENZ – Dieser Kompetenzbereich umfasst all jene allgemeinen Fertigkeiten, die häufig als „Soft Skills“ bezeichnet werden und die die Anpassungsfähigkeit und dieBeschäftigungsfähigkeit der Absolventen verbessern.
• DIENSTLEISTUNGSKOMPETENZ – Diese Kompetenz erstreckt sich auf alle Fertigkeiten im Zusammenhang mit der Ausführung der Übersetzung und generell der professionellen Erbringung von Sprachendienstleistungen – von Kundenorientierung und Verhandlungsführung bis hin zu Projektmanagement und Qualitätssicherung (ebd.).
Der Kompetenzrahmen definiert zugleich pädagogisch-psychologische Termini, die mit der Übersetzerausbildung eng zusammenhängen, wie Kompetenz, Fertigkeiten, Kenntnisse und Lernergebnisse.

Die Anwendungsmöglichkeiten von dem EMT-Kompetenzrahmen innerhalb des Bachelorstudiums
Obwohl das Kompetenzmodell das ideale Profil eines Absolventen des Masterstudiengangs beschreibt, vertreten wir die Meinung, dass es sehr wohl seine methodische und didaktische Anwendung auch innerhalb niedrigerer Stufen der Übersetzerausbildung findet:
Im Rahmen des Bachelorstudiums am Lehrstuhl für Translationswissenschaft der Philosoph-Konstantin Universität in Nitra absolvieren die Studierenden einige theoretische und praktische Disziplinen, die unmittelbar mit Übersetzung zusammenhängen:
• Übersetzungsanalyse
• Einführung in die Übersetzung
• Übersetzung 1
• Übersetzung 2
• Übersetzung von literarischen Texten
• Übersetzung und Computer
• Übersetzung von publizistischen Texten
Die Anordnung der Seminare im Studienplan respektiert die Orientierung von der Vermittlung theoretischer Kenntnisse bezüglich des Übersetzungsprozesses, über praktisches Üben einzelner mehr oder weniger isolierten Übersetzungsfertigkeiten, bis zum Training von höheren, komplexen Fertigkeiten und ihren Kombinationen.
Im dritten Studienjahr des Bachelorstudiums, also in einem relativ fortgeschrittenen Stadium, in dem die Studierenden bereits über eine theoretische Basis verfügen und gleichzeitig schon die ersten praktischen Übersetzungsseminare absolvierten, können sie das fakultative Seminar Übersetzung von publizistischen Texten (ÜPT) wählen.
Im Folgenden schildern wir einen Erfahrungsbericht, der darstellen soll, inwiefern den Studierenden ein komplexes Training von unterschiedlichen Kompetenzen im Sinne des EMT-Kompetenzrahmen angeboten werden kann.
Im Rahmen des Seminars ÜPT sollen die Studierenden während eines Seminars in Teamarbeit eine Zeitschrift kreieren. Innerhalb der ersten Unterrichtseinheit (90 Minuten) verteilen sich die Studierenden in Gruppen (je 2 – 3 Mitglieder). Innerhalb der jeweiligen Gruppe wird der Titel der Zeitschrift und ihr Gesamtkonzept gewählt, die thematische Orientierung und die Zielgruppe festgelegt, das Layout und die graphische Darstellung besprochen usw. In den am Anfang zusammengestellten Teams wird anschlieβend jede Woche (insgesamt 12 Wochen pro Semester) eine neue Ausgabe der Zeitschrift im Umfang von 3 Normseiten kreiert. Obligatorische Bestandteile jeder Ausgabe sind ein Leitartikel (in der slowakischen Sprache) und ein Übersetzungstext (aus dem Deutschen ins Slowakische), die auch graphisch angemessen verarbeitet werden sollen. Der Übersetzungstext muss dabei nicht völlig getreu den Ausgangstext (bezüglich seiner Länge oder Struktur) kopieren. Die Übersetzer können sich auch für eine gekürzte Fassung des Originaltextes entscheiden, konkrete Textstellen wählen, oder auch einen Zieltext aus mehreren Ausgangstexten zusammensetzen.

Die Studierenden vertreten in den Teams folgende Funktionen/ Rollen:
1. Chefredakteur/in (verfasst den Leitartikel, ist zugleich der Korrektor/in des Übersetzungstextes und ist für die Qualität der aktuellen Ausgabe verantwortlich)
2. Redakteur/in (hat die Rolle des Übersetzers/der Übersetzerin, wählt und übersetzt den Text bzw. die Texte, der/ die den Inhalt der aktuellen Ausgabe bildet/ bilden)
3. Techniker/in (ist für die technische und graphische Verarbeitung der aktuellen Ausgabe zuständig).
Einzelne Funktionen in den Teams wechseln sich ab, d.h. jede Woche hat ein konkreter Student/ Studentin eine andere Rolle, einen anderen Zuständigkeitsbereich und mit ihm verbundene Aufgaben.
Eine derartige Konzeption des Seminars unterscheidet sich von den „klassischen“ Übersetzungsseminaren, innerhalb derer in der Regel der Seminarleiter/ die Seminarleiterin die Ausgangstexte, die von den Studierenden individuell zu übersetzen sind, vorgibt, in mehreren Aspekten (siehe Tabelle 1). Das Seminar Übersetzung von publizistischen Texten ist spezifisch u. a. hinsichtlich des Übersetzungsauftrags, des potenziellen Empfängers, der Arbeitsweise, der Stufen der Übersetzungskontrolle, des Feedbacks oder der Aufgabe des Seminarleiters/ der Seminarleiterin.
Die Wahl der Texte, die jede Woche für die jeweilige Ausgabe der Zeitschrift übersetzt werden, liegt in der Zuständigkeit des Teams und soll thematisch mit dem Konzept der Zeitschrift korrespondieren und gleichzeitig die hypothetischen Leser (potentielle Empfänger) berücksichtigen.
Die wöchentliche Ausgabe der Zeitschrift ist dann ein Ergebnis der Teamarbeit, wobei jedes Mitglied seine eigenen Aufgaben und Zuständigkeiten hat.
Die Qualitätskontrolle vor der Abgabe erfolgt mehrstufig: zuerst wird der Text von dem Übersetzer selbst, anschlieβend von dem Chefredakteur überprüft. Bei Unstimmigkeiten kann sich das ganze Team beraten. In diesem Stadium bekommt der Übersetzer zugleich auch das erste Feedback. Nach der Abgabe wird Feedback auch von einer kleinen Gruppe von Lesern (Seminarteilnehmer) und dem Seminarleiter/ der Seminarleiterin gegeben. Mit Einverständnis der Teams werden die Zeitschriften auch in sozialen Netzwerken bzw. auf der Webseite des Lehrstuhls veröffentlicht, wodurch weitere Möglichkeiten der Qualitätsbewertung entstehen.
Die Rolle des Seminarleiters verschiebt sich dabei von dem Auftraggeber zum Prozessbegleiter, Konsultanten, Mediator (berät bei Unklarheiten, vermittelt bei Auseinandersetzungen in den Teams, schlichtet Konflikte usw.).

Tab. 1 Unterschiede zwischen den „klassischen“ Übersetzungsseminaren und der ÜPT
„klassische“ Übersetzungsseminare ÜPT

Die beschriebene Komplexität der Translationsaufgaben ermöglicht es, innerhalb des Seminars viele Fertigkeiten bzw. Kompetenzen, wie sie in dem EMT-Kompetenzrahmen definiert und beschrieben werden, zu trainieren.
Die Kompetenz im Bereich Sprache und Kultur (transkulturelles und soziolinguistisches Bewusstsein und kommunikative Fähigkeiten) wird implizit und/ oder explizit in allen Übersetzungsveranstaltungen entwickelt. Dabei erwerben und entwickeln die Studierenden Kompetenzen in der Ausgangs- sowie der Zielsprache, stilistische Fertigkeiten, sie werden mit Sprachnormen und -konventionen einzelner Arbeitssprachen konfrontiert und in unserem konkreten Fall werden sie mit den Spezifika von publizistischen Texten bekannt gemacht. Dieser Kompetenzbereich ist also während dem Translationsauftrag als allgegenwärtig zu betrachten.

Im Rahmen der Kompetenz Übersetzen (strategische, methodische und thematische Kompetenz) kommt es im Sinne des EMT-Modells vor allem zur Entwicklung folgender Aspekte:
1 einen Ausgangstext zu analysieren, potenzielle textuelle und kognitive Schwierigkeiten
zu erkennen und einzuschätzen, welche Strategien und Ressourcen für eine adäquate,
den Kommunikationserfordernissen entsprechende Übertragung erforderlich sind
2 schnell und exakt schriftlich und/oder mündlich
zusammenzufassen, umzuformulieren, umzustrukturieren, anzupassen und zu kürzen
3 Relevanz und Zuverlässigkeit von Informationsquellen für die
Übersetzungserfordernisse zu beurteilen
4 sich übersetzungsrelevantes themen- und bereichsspezifisches Wissen
anzueignen, es zu erweitern und zu nutzen (Beherrschung von Begriffssystemen,
Argumentationsmethoden, Präsentationsstandards, Terminologie und Phraseologie,
Fachquellen usw.)
5 für eine Übersetzung relevante Anweisungen, Leitfäden oder Konventionen zu befolgen
6 allgemeines und bereichsspezifisches Material eines oder mehrerer Fachgebiete
bedarfsgerecht in die Zielsprache zu übertragen
7 unterschiedliches Material auf unterschiedlichen und für unterschiedliche Trägermedien
mit geeigneten Werkzeugen und Techniken zu übersetzen
8 in spezifischen interkulturellen Kontexten übersetzen und vermitteln zu können
9 in einer oder mehreren ihrer Arbeitssprachen skoposgerechte Texte unter
Berücksichtigung von spezifischen Gegebenheiten, Adressaten und Vorgaben zu verfassen
10 ihre übersetzerischen Lösungen und Entscheidungen unter Verwendung der geeigneten
Metasprache und Anwendung geeigneter theoretischer Ansätze zu analysieren und zu begründen
11 eigene Arbeit oder die Anderer nach projektspezifischen oder standardisierten
Qualitätsvorgaben einer Überprüfung, dem Korrekturlesen und/oder einer Revision
zu unterziehen
12 Qualitätskontrollstrategien zu verstehen und mit geeigneten Werkzeugen und
Techniken anzuwenden (vgl. EMT-Kompetenzrahmen, 2017).

Um die aufgetragenen Aufgaben im Seminar zu meistern, wird von den Studenten verlangt, die technologische Kompetenz zu benutzen und zu entwickeln, und zwar vor allem folgende Aspekte der Kompetenz Technologie (Werkzeuge und Anwendungen):
1 die wichtigsten IT-Anwendungen zu nutzen, einschließlich der gesamten Bürosoftware-Palette, und sich schnell mit neuen Werkzeugen und IT-Ressourcen vertraut zu machen
2 Dateien und andere Medien/Quellen, beispielsweise Video- und Multimedia-Dateien, als Teil der Übersetzung vorzubereiten, zu verarbeiten und zu verwalten und Webtechnologien einzusetzen
3 grundsätzlich mit MÜ umzugehen, d. h. sie beherrschen die Grundlagen und kennen die Auswirkungen auf den Übersetzungsprozess
4 andere Werkzeuge einzusetzen, die Sprach- und Übersetzungstechnologie unterstützen (vgl. EMT-Kompetenzrahmen, 2017).
Eine effektive Teamarbeit verlangt den Studierenden auch spezifische persönliche Voraussetzungen ab. Im Rahmen der persönlichen und interpersonellen Kompetenz sollen sich die Studierenden daher folgende Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen und entwickeln:
1 Zeitmanagement, Stressbelastung und Arbeitsaufwand zu planen bzw. zu bewältigen
2 Fristen einzuhalten und Anweisungen und Spezifikationen zu befolgen
3 im Team, ggf. auch in einer virtuellen und mehrsprachigen Umgebung unter Nutzung aktueller Kommunikationstechnologien zu arbeiten
4 soziale Medien für berufliche Zwecke verantwortungsbewusst zu nutzen
5 die organisatorische und physische Ergonomie des Arbeitsumfelds zu beachten und anzupassen
6 sich selbst kontinuierlich zu beurteilen und ihre Kompetenzen und Fertigkeiten durch persönliche Strategien und kollaboratives Lernen auf dem neuesten Stand zu halten und
weiterzuentwickeln (vgl. EMT-Kompetenzrahmen, 2017).

Auch in einem Seminar des Bachelorstudiums ist das Training der Dienstleistungskompetenz möglich, indem sich die Studierenden folgender Aspekte bewusst werden und sie entwickeln:
1 den Bedarf sowie Ziele und Intentionen des Kunden, der Adressaten der Sprachdienstleistungen und anderer Akteure klar zu erkennen und entsprechend geeignete Leistungen anzubieten
2 Übersetzungsprojekte mit einem oder mehreren Übersetzern und/oder sonstigen Dienstleistern zu organisieren und zu managen
3 die für die Erbringung einer Sprachdienstleistung geltenden Normen zu
verstehen und anzuwenden
4 Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungsverfahren anzuwenden, die notwendig sind, um vorgegebene Qualitätsstandards zu erfüllen (vgl. EMT-Kompetenzrahmen, 2017).

Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch die Studierenden des Bachelorstudiums nach den sog. klassischen Übersetzungsseminaren auf ein komplexeres Fertigkeitstraining im Sinne des EMT-Kompetenzrahmens vorbereitet sind und sich diesen zu Nutze machen können.
Die relative Freiheit bei der Wahl des Konzepts der Zeitschrift und der damit zusammenhängenden Themen und Texte und die Möglichkeit, den (Übersetzungs-) Text, sowie seine graphische Gestaltung, kreativ zu bearbeiten, die eigenen Gedanken selbst als Autor in dem Leitartikel zum Ausdruck bringen zu können etc. sind zudem für die Studierenden ein groβer Motivationsfaktor, der die Arbeit an den Aufgaben erleichtert.
Es gibt jedoch auch spezifische Herausforderungen, denen sich die Studierenden (in Kooperation und Interaktion mit der Lehrperson) oft stellen müssen bzw. sollen. Zu den Herausforderungen, die (bei guter Anweisung seitens der Lehrkraft) relativ gut und schnell zu bewältigen sind, gehört vor allem das Einhalten von Fristen innerhalb des Teams, sowie z. B. die Ethik des Zitierens und der Quellenbenutzung bei Bearbeitung verschiedener Unterlagen.
Längerfristig problematisch bzw. herausfordernd ist oft vor allem die Zusammenarbeit im Team, in dem jedes Mitglied für seine Aufgaben zuständig ist und Verantwortung für das Ergebnis in dem jeweiligen Bereich trägt. Es ist für die Studierenden vor allem am Anfang des Semesters einerseits oft nicht einfach, Verantwortung zu übernehmen und anschlieβend eventuelle Kritik ihrer Arbeit zu ertragen, andererseits fällt es einigen Studierenden wiederum schwer, Verantwortung an andere Teammitglieder abzugeben und nicht das entscheidende Wort zu haben.
Mit allen erwähnten Situationen hängt das Stichwort „effektive Kommunikation im Team“ zusammen. Die Herausforderungen liegen dabei sowohl in der persönlichen (z. B. bei Teambesprechungen) als auch in der elektronischen (Eingriffe in die übersetzten Texte, Korrekturen usw.) Kommunikation und das sowohl auf der zwischenmenschlichen als auch auf der beruflichen Ebene. Wichtige Themen hierbei sind unter anderem auch konstruktive Kritik und der Umgang mit ihr.
Eine passend gewählte Konzeption kann dann nicht nur für die Studierenden bereichernd sein, indem sie ihnen hilft, Übersetzerkompetenzen zu erwerben und diese gezielt zu entwickeln, sie bereichert auch die Lehrperson, die auβer ihrer Rolle als Auftraggeber/-in und Bewerter/-in der Übersetzung auch die Aufgaben des Prozessbegleiters, Beraters, Beobachters, ggf. auch eines Psychologen übernimmt.
Obwohl es sich bei der vorliegenden Beschreibung lediglich um einen Erfahrungsbericht handelt, vertreten wir den Standpunkt, dass der EMT-Kompetenzrahmen der Lehrperson ein geeignetes Mittel für die methodische Gestaltung eines Übersetzungsseminars bietet.

Literatur
EMT. 2017. https://ec.europa.eu/info/resources-partners/european-masters-translation-emt/european-masters-translation-emt-explained_de#aktivitten-des-netzes Accessed on 2018-4-12
EMT. 2017. Kompetenzrahmen 2017. https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/emt_competence_fwk_2017_de_web.pdf Accessed on: 2018-4-13
Klieme, Eckhard. 2004. Auszug aus Pädagogik. S. 10-13 https://www.researchgate.net/profile/Eckhard_Klieme/publication/265280944_Was_sind_Kompetenzen_und_wie_lassen_sie_sich_messen/links/5661896f08ae15e7462c547e.pdf Accessed on: 2019-6-9
OECD. 2005. Definition und Auswahl von Schlüsselkompetenzen. Zusammenfassung. https://www.oecd.org/pisa/35693281.pdf Accessed on: 2019-7-9